Die ursprüngliche Motivation für diese Definitionen kommt aus der Physik. Auf flachen Rämen wurden Spinoren und Dirac-Operatoren um 1928 von Paul Dirac eingeführt. Man suchte damals eine relativistisch invariante Gleichung, die die Schrödinger-Gleichung ersetzen sollte. Naheliegender Kandidat wäre die Klein-Gordon-Gleichung, die aber zu Problemen führte, da sie eine Gleichung von zweiter Ordnung ist. Dirac fand einen Operator (den Dirac-Operator), dessen Quadrat der Klein-Gordon-Operator ist. Die Eigenwert-Gleichung des Dirac-Operators wird heute benutzt, um Fermionen zu beschreiben.
In der Vorlesung studieren wir Spinoren und Dirac-Operatoren auf (semi-)riemannschen Mannigfaltigkeiten. Aus Sichtweise der Physik ist dies interessant, um Fermionen auf gekrümmten Raumzeiten zu beschreiben.
In den 1960ern entdeckte man, dass Spinoren und Dirac-Operatoren auch fundamentale Objekte der Topologie sind, insbesondere durch den Indexsatz von Atiyah und Singer. Das Gewicht des Indexsatzes wird vielleicht deutlich bei Betrachtung der Preise, die dieser Satz und verbundene Theorien erhalten haben: Fields-Medaille 1966 an Atiyah, Abel-Preis 2004 an Atiyah und Singer, Royal Medal of the Royal Society (1968) an Atiyah und viele andere Preise. Es geht hierbei um getwistete Dirac-Operatoren auf kompakten riemannschen Mannigfaltigkeiten. Diese Operatoren sind Fredholm-Operatoren und man kann einen Index definieren, der Informationen über den Kern und Kokern des Operators beinhaltet. Atiyah und Singer haben entdeckt, dass sich dieser Index auch durch charakteristische Klassen berechnen lässt und somit unabhängig von der Wahl der riemannschen Metrik ist. Dies ist unter anderem erstaunlich, da die Dimension des Kerns und Kokerns selber sehr subtil von der Metrik abhängt. In vielen Anwendungen verbindet man den Indexsatzes mit der Schrödinger-Lichnerowicz-Formel, um Aussagen über die Skalar-Krümmung herzuleiten. Man kann zeigen, dass viele kompakte Mannigfaltigkeiten keine Metrik mit positiver Skalarkrümmung besitzen, und für einfach-zusammenhängende Mannigfaltigkeiten sieht man, dass sie genau dann eine Metrik mit positiver Skalarkrümmung besitzen, wenn es der obige Indexsatz zulässt. Man sieht auch, dass gewisse charakteristische Klassen ganzzahlig oder sogar gerade sind. Eine weitere Anwendung der Schrödinger-Lichnerowicz-Formel ist Witten's Beweis des Satzes von der positiven Masse, ein Satz, der in der Relativitätstheorie wichtig ist.
Ziel der Vorlesung ist es, nach einer kurzen Einführung von Dirac-Operatoren den Indexsatz von Atiyah und Singer mit Wärmekern-Methoden zu zeigen. Wir diskutieren mehrere der oben genannten Anwendungen. Je nach Interesse des Publikums wenden wir uns danach weiteren Anwendungen (Vektorfeldern auf Sphären, spezielle Holonomien; Beschreibung von Flächen durch Spinoren) oder Verallgemeinerungen des Satzes (z.B. auf Mannigfaltigkeiten mit Rand, Familien-Version, etc) zu.